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MODE

Neulich habe ich in der U-Bahn einen ziemlich hip gestylten älteren Herrn gesehen: pinkfarbene Skinny-Jogginghose, bunter Sweater mit Kapuze und silberglitzerndes Basecap. Ich musste kurz schmunzeln und an das Zitat von Karl Lagerfeld denken: „Wer eine Jogginghose trägt, hat die Kontrolle über sein Leben verloren.“ Mag sein, dass sich die Jogginghosenträger frei fühlen. Ich verbinde das Kleidungsstück eher mit Sport, nicht mit einer Rundum-Ganztagsbekleidung. Herr Lagerfeld übrigens, hat wenige Jahre später, ganz im Gegensatz zum erwähnten Zitat, Sweatpants für Chanel entworfen.
Ich gebe es ja zu: Ich sitze gerade vor meinem Computer und habe T-Shirt und Jogginghose an. Zuhause gerne doch! Ich bewege mich in meiner Privatsphäre, also ist das für mich voll in Ordnung. So würde ich mich aber nicht auf die Straße wagen. Meine Mutter pflegte zu sagen: „Kind, zieh dir was Gutes an, wenn du unter die Leute gehst“. Ich möchte ja gar keine Fashion-Ikone sein, trotzdem wähle ich mein Outfit für draußen mit Bedacht, meist ein bisschen schicker.
Ich bin durchaus an meinem Aussehen interessiert und folge ab und zu sogar Modetrends, suche nach neuen Outfit-Ideen, vor allem für den Alltag oder das Büro. Aber bei jedem Einkaufsbummel frage ich mich: Bin ich nicht zu alt für die gewählte Garderobe? Kann ich mich auch mit 50+ noch schick kleiden, ohne peinlich zu wirken? Bin ich in einem maßgeschneiderten Zweireiher bei einem privaten Dinner overdressed und mit Jogginghose in der U-Bahn underdressed? Kann man sich modisch kleiden und trotzdem authentisch sein, geht das?
Mode ist flatterhaft. Und meist wenig nachhaltig. Trends ändern sich ständig und spielen in meinem Fall eher eine Nebenrolle. Stil dagegen ist unverwechselbar. Stil wurzelt im Charakter und hat mit dem Alter nichts zu tun. Er spiegelt mein Leben, meine Persönlichkeit, meinen Lifestyle. Außerdem muss ich mich selber wohl fühlen, um anderen zu gefallen. Klassische Freizeitmode ist dabei in der Regel die beste Entscheidung.
Zur Grundausstattung in meinem Kleiderschrank gehören Jeans und Chinos, T-Shirts und Hemden, auch Sakkos finden dort ihren Platz. Klassisch muss nicht langweilig und farblos sein. Modische Akzente setze ich mit Accessoires: Gürtel, Socken, Schals oder Krawatte. Hier bin ich auch ganz bewusst dabei, Schritt für Schritt, meine Garderobe auf nachhaltige und faire Art und Weise umzustellen.
Mein Albtraum sind allerlei Firmenetiketten oder Markennamen an und auf den Kleidungsstücken. Oft habe ich mich geärgert, nachdem ich aus einem Designerhemd das Etikett entfernen wollte und dabei ein Loch entstanden ist. Auweia! Andererseits, wie peinlich sehen Menschen aus, die das Firmenetikett am rechten Ärmel der Garderobe nicht entfernt haben oder den Schlitz und die Taschen bei neu gekauften Mänteln oder Sakkos in zugenähtem Zustand belassen. Die Nähte dienen nur dem Schutz der Ware bis zur Auslieferung und dem Verkauf.
Wenn ich also alle Etiketten aus meinem neu erworbenen Kleidungstücken entfernt habe, kann ich in den Spiegel schauen: Gefällt mir die Person, die ich sehe, bekomme ich gute Laune und kann mit einem Lächeln im Gesicht aus dem Haus gehen.
Kleider machen Leute. Für mich lieber casual und nachhaltig statt trendy und peinlich!

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