SEHNSUCHT
Ich vermisse gerade das kulturelle Leben, vor allem das Theater. Es war im September 2020 als ich zum letzten Mal in einem Theatersessel Platz genommen habe: „Sophie Rois fährt gegen die Wand“ im Deutschen Theater. Eine sehr feine, philosophische Solovorstellung einer grandiosen Schauspielerin mit unglaublicher Präsenz und Spielfreude. Als Bühnenbild ein überdimensioniertes Stück Erdbeersahnetorte, groß wie ein Gebirge – ein Sehnsuchtsort und Gleichnis für unerschöpfliche Natur.
Klassisches Sprechtheater habe ich für mich tatsächlich auch erst mit 50plus entdeckt. Nicht, dass ich vorher nie im Theater war, aber es waren eher sporadische Besuche, wenn jemand eine Karte für mich übrig hatte. Gerne kannst du fragen warum? Kein Interesse, keine Lust, zu müde nach der Arbeit. Ich denke, vor allem aber war es meine Hemmung und der innere Schweinehund, die mich davon abgehalten haben. Sprechtheater erschien mir zu kompliziert, zu unverständlich und ich konnte einfach das Spielerische und Experimentelle nicht erkennen: nicht nur sprachlich, auch literarisch oder dramaturgisch.
Es gibt Menschen, die schon ihr ganzes Leben lang ins Theater gehen und sie bezeichnen es als Leidenschaft. Meist ist ihr Bedürfnis nach Kunst und Kultur schon in früheren Jahren entstanden. Im Gegenteil zu mir. Ich musste erst gedanklich „reifen“ (wahrscheinlich wie Wein – er reift doch mit den Jahren), um eine Vorstellung genießen zu können. Auch gut so. Um so freudiger kann ich mit 50plus, solch ein Erlebnis genussvoll zelebrieren.
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