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HEILIGABEND

Der Heiligabend ist das Fest der Liebe und des Teilens, an dem niemand allein sein sollte, sagte meine Mutter bei den Vorbereitungen zum festlichen Abendessen an diesem Dezembertag immer. In der Küche kümmerte sie sich liebevoll um die zwölf traditionellen Gänge, die zu dem Festmenü gehörten.
Als Kinder war es unsere Aufgabe den Weihnachtsbaum zu schmücken, die Geschenke einzupacken und den Tisch festlich zu decken. Es war eine üppig dekorierte Festtafel mit frisch gebügeltem Tischtuch, dem feinen Porzellangeschirr und vielen Weihnachtsdekorationen. An diesem Tisch musste, laut unseren Familienbrauch, immer ein extra Platz frei bleiben.
Ein Platz, der für einen unerwarteten Gast vorgesehen war. Oft fragten wir, wer uns wohl ausgerechnet am Heiligabend besuchen sollte? Unsere Eltern erklärten uns dann, dass es in der Welt nicht nur glückliche Familien wie unsere gibt. Es gibt viele Menschen, die unglücklich, einsam oder hilfebedürftig sind. Es gibt Obdachlose und Flüchtlinge, die kein Zuhause haben oder aus ihrer Heimat fliehen mussten.
Sollte also jemand an diesem Abend vor unserer Tür stehen, ist es unsere christliche Pflicht, ihm die Gastfreundschaft anzubieten. Genauso wie wir dem Christkind, das an diesem Abend zu Welt gekommen ist, ein Zuhause in unseren Herzen anbieten sollen. Geboren in einem einfachen Stall, weil es keinen anderen Platz unter dem Stern von Bethlehem für die Heilige Familie gab.
Wenn es dann bei uns Abend wurde und der erste Stern am Himmel leuchtete, saßen wir glücklich beim Festmahl. Wir sangen Weihnachtlieder, erzählten uns Geschichten und packten unsere Geschenke aus. Der freie Platz am Tisch erinnerte uns stets an das Christkind und an all die Menschen, die kein Zuhause haben.
Heute ist mir klar, dass das Schicksal von Maria und Josef eine Geschichte der Flucht war. Sie mussten vor einem Despoten in ein fremdes Land fliehen, weil das Leib und Leben ihres Kindes in Gefahr war. Auch derzeit erleiden Millionen von Menschen in der Welt ein ähnliches Schicksal. Sie sind auf der Flucht vor Krieg und Gewalt, vor Naturkatastrophen und Hunger.
Es ist unsere Pflicht zu helfen. Egal, ob wir an die Weihnachtsgeschichte glauben oder nicht. Es ist auch unsere Verantwortung, das Zusammenleben in Frieden und Würde überall auf der Welt zu ermöglichen. Darüber sollten wir alle am Heiligabend nachdenken, und überlegen, wo und wie unsere Hilfe notwendig und unsere Unterstützung sinnvoll ist.
Frohe Weihnachten!

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